MDR1

Was ist MDR1 – Multi Drug Resistance Gene?
Ein MDR1-Gen-Defekt ist ein Defekt im MDR1-Gen, welches gelegentlich bei bestimmten Hunderassen auftreten kann. Wegen des Defekts kommt es zu einer fehlerhaften Synthese (Herstellung) des P-Glycoproteins (PGP). Dieses Protein (Eiweis) ist ein integrales Zellmembranprotein, das sich in Niere, Leber, Blut-Hirn-Schranke, sowie in der Nebenniere und im Darm befindet.
Das P-Glycoprotein schleust unter ATP-Verbrauch giftige Substanzen aus der Zelle: In der Blut-Hirn-Schranke (Barriere zwischen Blutkreislauf und Zentralnervensystem) sorgt dieses Protein für den Abtransport von neurotoxischen Substanzen (Nervengifte).
Die Funktion des MDR1-Gens ist also die Entgiftung des Körpers.
Der MDR1-Gen-Defekt ist also keine Krankheit, sondern „nur“ eine Unverträglichkeit auf bestimmte Wirkstoffe. Der MDR1-Gen-Defekt tritt nicht nur bei Australian Shepherds auf. Besonders bekannt ist die Überempfindlichkeit auf den Stoff Ivermectin bspw. bei Collies.

MDR1-Defekt – Die Mutation
Die Überempfindlichkeit gegenüber dem Antiparasitikum Ivermectin und weiteren Medikamenten ist durch einen Defekt im Multidrug-Resistance Transporter (MDR1) bedingt. Dieser Transporter fungiert als Effluxpumpe und sitzt u.a. in der Membran von Endothelzellen, die die Gehirnkapillaren auskleiden. Er übt im Gehirn eine Barrierefunktion aus (Blut/Hirnschranke), indem er Arzneistoffe und toxische Verbindungen in den Gehirnkapillaren zurückhält und sie wieder aktiv ins Blut transportiert. Damit wird ein Übertritt dieser Substanzen in das Nervengewebe verhindert. Das intakte MDR1- Protein wird auch als P-Glycoprotein bezeichnet, besteht aus 1280 Aminosäuren und ist ein essentieller Bestandteil der Blut/Hirnschranke. Ist bei Hunden das Defektgen vorhanden, bricht die Synthese des MDR1-Proteins bereits nach ca. 10% des Leserahmens vorzeitig ab. Dem defekten MDR1-Gen fehlen vier Basenpaare, nach der Lokalisation des Defektes wird die Mutation als nt 230 (del4) bezeichnet.

MDR1-Defekt – Die Funktionen
Neben der Barrierefunktion im Gehirn, Hoden und der Plazenta übernimmt das MDR1-Protein in anderen Körperorganen Ausscheidungsfunktionen. So wird das MDR1-Protein in Leber, Niere und Darm exprimiert und ist an der Ausscheidung von Wirkstoffen (Leber, Niere) beteiligt. Ferner wirkt das MDR1- Protein im Darm als eine Absorptionsbarriere. Ist der MDR1- Transporter nicht intakt, verliert er einerseits seine Barrierefunktion im Gehirn/Hoden/ Plazenta, andererseits verändert sich die Pharmakokinetik für viele Substanzen durch verstärkte Absorption bzw. verzögerte Elimination. Eine fatale Kumulation von Wirkstoffen ist die Folge und der Organismus wird mit toxischen Substanzen überflutet. Zusätzlich übernimmt das MDR1- Protein auch Transportfunktionen und beeinflusst endokrine Regelkreise. So limitiert das intakte MDR1-Protein den Übertritt von NNR- Hormonen Cortisol und Corticosteron ins Gehirn. Ist diese „Transportkontrolle“ nicht mehr gewährleistet, kommt es zu einer down-Regulierung des feed-back- Mechanismus der Hypothalamus/ Hypophysenachse.

Niedrige Basalcortisolkonzentrationen und ev. eine Suppression der Schilddrüsenhormone können die Folge sein. Bei betroffenen Tieren ist u. U. eine geringe Substitution von Schilddrüsenhormonen in Erwägung zu ziehen (in subtherapeutischer Dosis von ~1 mg/Tier). In einer prospektiven Studie aus den USA zeigten Tiere mit dem MDR1- Defektgen eine erhöhte Stressanfälligkeit (deutlich herabgesetzte Antwort der NNR nach Stimulation) im Vergleich zu MDR1-intakten Hunden und erholten sich langsamer von schweren Erkrankungen.

Es existieren drei Genotypen:
1. Genotyp N/N (normal/normal, +/+, frei) homozygot gesund: Der untersuchte Hund trägt das mutierte Gen nicht und kann die nt230 (del4) Mutation nicht auf seine Nachkommen übertragen.

2. Genotyp N/MDR1 (n/mut, +/-, träger) heterozygoter Träger: Der untersuchte Hund trägt ein mutiertes Gen und kann die nt230 (del4) Mutation mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% auf seine Nachkommen übertragen.

3. Genotyp MDR1/MDR1 (mut/mut, -/-, betroffen) homozygot betroffen: Der untersuchte Hund ist reinerbig für die nt230 (del4) Mutation (auf beiden Chromosomen vorhanden) und überträgt die Mutation auf seine Nachkommen. Homozygot betroffene Hunde können nach Applikation von problematischen Wirkstoffen (s.o.) Vergiftungserscheinungen entwickeln. Der DNA-Test zum Nachweis des MDR1-Defektes bietet Tierärzten und Züchtern ein effizientes und äußerst sicheres Mittel zur Identifizierung Ivermectin-sensitiver Tiere. Der DNA-Test kann bereits von Geburt an betroffene Tiere sicher identifizieren, so dass eine Entscheidung für/gegen eine Therapie leichter getroffen werden kann. Ferner können sinnvolle Zuchtentscheidungen getroffen werden um den MDR1-Defekt mittelfristig aus der Zucht zu entfernen.

Alle Zuchthunde müssen MDR1 getestet sein.
ASCS-Zuchtreglement: Es ist anzustreben, dass befallene Hunde (-/-) und Träger (+/-) des MDR1 möglichst nur mit freien Hunden (+/+) verpaart werden.